Mantrailing

für Profis

Was und wie riecht der Hund?

Immer wieder lese ich von "Profis", dass sie genau wissen, was der Hund riecht. Unter anderm zB die Hautschuppen, die der Mensch zu Hauf verliert. Ebenso wird ganz beiläufig erwähnt, dass ein Hund "Stereo" riechen kann.

Und noch viele andere Dinge werden in der Szene verbreitet, ohne dass sich irgendwer überhaupt darüber Gedanken macht, wie aktuell diese Erkenntnisse überhaupt sind.

 

Ebenso bergen solche Behauptungen die Gefahr der falschen weiteren Interpretation, sprich es werden "Gesetze" aufgestellt, die zwar auf diesen Behauptungen beruhen, sich aber dann als prinzipiell falsch erweisen oder sogar falsche Trainingsansätze bieten.

 

Ich möchte in diesem Artikel kurz bestimmte Neuigeiten der Wissenschaft anreißen, um so manchen behaupteten Unsinn mal die Basis wegzuziehen.

Prinzipiell möchte ich folgendes vorwegnehmen: Ich bin weder Wissenschaftler, Mediziner oder Forscher, die Ausführungen hier sollen nur ein Anstoß für viele sein, sich nicht immer an alten Thesen zu fixieren, sondern sich durchaus neuen Erkenntnissen der Wissenschaft zu widmen.
Alle Thesen und Quellverweise hier zu listen, würde den Blog sprengen, aber dazu später.

Folgende veraltete Thesen werden derzeit immer noch verbreitet:

 

  1. Der Hund riecht Hautschuppen, die der Mensch verliert.
    Im Jahre 2015 wurde eine wissenschaftliche Studie veröffentlicht, in der festgestellt wird, dass Mikroorganismen, den den Menschlichen Körper umgeben, unter anderem die Hautschuppen zersetzen, und die beim Stoffwechsel produzierten Gase (microbiale flüchtige organische Verbindungen- MVOCs) vom Hund wahrgenommen werden können.
  2. Der Hund unterscheidet anhand der DNA des Menschen die Grüche:
    Der Mensch ist von Billionen von Microorganismen umgeben, es sind vermutlich 1zu1 zu der Anzahl der menschlichen Zellen.
    Alleine im Darm eines Menschen finden sich bis zu 500 unterschiedliche Bakterienstämme, die jeweils eigene MVOCs produzieren. Anhand dieser bei jedem Menschen unterschiedlichen Kombinationen kann der Hund differenzieren, zu wem welcher Geruch gehört. Der Hund riecht vermutlich nicht die DNA, sondern unter anderem neben anderen verbreiteten Geruchsmolekülen die unterschiedlichen Kombinationen aus von den Bakterien produzierten Gasen.
    Im Jahr 2017 wurde eine Studie veröffentlicht, bei dem als Versuchsgrundlage extrahierte DNA als Geruchsgegenstand verwendet wurde. 90% der an der Studie teilgenommenen Hunde lagen bei der Ausarbeitung richtig. Diese Studie ist aber noch umstritten, da einige Design-Faktoren dieser Studie nicht ganz klar sind. Lt derzeitigem Stand der Wissenschaft ist es technisch und chemisch nicht möglich, dass die Hundenase DNA riechen kann. Wie weit jedoch andere Faktoren eine Rolle spielen, ist nicht bekannt. Fakt ist, dass Hunde offensichtlich mit kleinsten Mengen an Geruch arbeiten und sogar anhand einer extrahierten DNA die Spur verfolgen können. Dieses Thema bleibt nach wie vor spannend.
  3. Hautzellen werden innerhalb einer bestimmten Zeit zersetzt, weshalb der Geruch nach einer bestimmten Zeit verschwindet:
    Aufgrund der obigen Erkenntnisse ist es egal, wie schnell die Hautzellen zersetzt werden, interessant ist vielmehr, wielange die Bakterien erhalten bleiben und munter die Gase weiter produzieren. In Deuschland wurde als Beispiel in einer Höhle eine Bakterienart entdeckt, die sich von Methangas und Jod ernähren. Zu glauben, die Bakterien seien also mit der Zersetzung der Hautpartikel verschwunden, ist unter Umständen ein falscher Schluss bzw so nicht bewiesen. Dies würdet durchaus erklären, warum Hunde in der Lage sind, Spuren noch Tage später zu erschnüffeln.
  4. Ein Hund mit mehr Riechzellen riecht von vornherein besser:
    Die Riechschleimhaut enthält Riechzellen mit sogenannten Zilien und darauf befindlichen Rezeptoren. Diese sind für die Erkennung der Art des Geruches zuständig. Die auf den Zilien liegenden Rezeptoren können sich verändern (30 bis 120 Tage). Regelmässiges Training bewirkt nicht nur eine Optimierung der Nase auf den Geruch, sondern begrenzt auch eine physikalische Änderung der Nase ansich. Daraus begründen sich unter Umständen andere Phänomene, zB dass bestimmte Hunderassen für bestimmte Geruchsarbeiten besonders geeignet sind, obwohl sie weniger Riechzellen besitzen.
  5. Für das Mantrailing kommt nur ein Bloodhound in Frage:
    Ein Hund mit sehr guter Ausbildung ist besser als ein schlecht ausgebildeter Bloodhound. Ebenso erkennt man in den letzten Jahren, dass sich viele Amerikaner von Europa BGS und HS holen, weil sie für die Nachsuche in der Jagd gezüchtet wurden, aber viel leichter zu handeln sind.
    Der Ruf der Bloodhounds als einzig wahre Mantrailer begründet sich einfach darin, dass diese Hund in Amerika (und England) schon seit Jahrzenten für diesen Zweck gezüchtet und verwendet wurden, in Europa und anderen Ländern das Mantrailing aber nicht in dieser Intensität betrieben wurde. Ergo wird, wenn es um das Thema "Hunderassen für Mantrailing" in erster Linie immer wieder nach Amerika geguckt. Fazit ist aber, dass es etliche Rassen gibt, die für diesen Zweck genauso gut verwendet werden können. Insbesondere im jagdlichen Bereich wurden bestimmte Rassen für die Nachsuche gezüchtet, die sich auch im Bereich des Mantrailing bewährt haben.

 

Dies sind einige Denkansätze über veraltete Weisheiten, alle Erkenntisse zu listen würde den Rahmen des Blogs sprengen. Wer jetzt glaubt, ich habe die Weisheit mit dem Löffel gefressen, weit gefehlt. Ich wusste bisher auch nicht alles, und vieles bleibt mir auch verborgen, weil ich ehrlicherweise nicht alle wissenschaftliche Abhandlungen lesen werde, das übesteigt meine Fähigkeiten und deshalb überlasse ich das anderen Kollegen, die mit diesen Dingen besser vertraut sind.

Buchtip:
Wer sich wirklich für diese Thema interessiert, dem empfehle ich unter anderem folgendes Buch, welches sehr gut die neueren (Sand 2016) Erkenntnisse der Wissenschaft zusammen fasst:

In dem Buch Mantrailing - Wissenschaft und Praxis: mit praktischem Trainingsleitfaden werden neben neuen Erkenntissen auch Übungen und Trainingsanleitungen beschrieben.