Mantrailing

für Profis

Die Geschwindigkeit

In vielen Diskussionen erkenne ich immer wieder, das ein bedeutsamer Punkt für den Hundeführer die Geschwindigkeit des Hundes ist. Geht es einerseit darum, dass der Hundeführer dem Tempo des Hundes nicht mithalten kann, ist auch andererseits immer ein Thema, dass der Hund mit zu hoher Geschwndigkeit den Trail überlaufen könnte.

Nehmen wir uns also dieses Thema zu Herzen und versuchen zu erläutern, was wirklich an der Argumentation dran ist.

Der erste Punkt: Der Hundeführer kann mit der Geschwindigkeit des Hundes nicht mithalten.
Das ist wahrlich ein greifbares Argument, da gerade bei längeren Trails die Teamarbeit in Frage gestellt werden muss, wenn der Hund dem Hundeführer einfach davonläuft. Hier gilt es, den Hund etwas auszubremsen. Als sehr effektiv hat sich erwiesen, dass sich der Hundeführer mit seinem ganzen Gewicht in die Leine hängt und damit den Hund zwangsweise ausbremst. Führt das letztlich zum gewünschten Erfolg?

Hier muss man zuerst mal defenieren, wie ich als Hundeführer den Erfolg sehe, und erst dann überlege, ob diese Art der "Bremse" den Erfolg herbei führt. Sehr schnell wird man erkennen, dass es letztlich ein Kompromiss sein wird, zumal der Hund seine eigene Suchgeschwindigkeit zurecht legt, sich aber nicht darin beeinflussen lassen sollte. Es wird funktionieren, jedoch nicht den vom HF gewünschten Erfolg bringen.
Eine weitere Möglichkeit wird sehr oft angedacht, den Hund sehr genau suchen zu lassen, um damit ähnlich der Fährtenarbeit ein langsameres Tempo zu erreichen. Oft wird aber auch hier übersehen, dass durch die genaue Suchart des Hundes dieser sehr schnell konditionell an die Grenzen stößt. Längere Trails in schwierigem Gelände oder Innerorts mit heißeren Temperaturen werden da sehr schnell zur Qual.

Auch hier muss der HF erkennen, dass er den eigentlichen Erfolg nicht erreicht, sondern auch dies nur einen Kompromiss darstellt.

Das Grundprinzip ist jedoch immer: Der Hund hat seine eigene Suchgeschwindigkeit, dieser variiert je nach Gegebenheiten des Trails, aber er richtet sich das selber. Jeder versuchte Einflussnahme auf die Geschwindigkeit durch den Hundeführer stellt letztlich eine Einflussnahme auf die Suchfähigkeit des Hundes dar.

Wenn dass ein Thema für einen Hundeführer ist, sollte sich dieser im Vorfeld schon Gedanken darüber machen, welchen Hund er für diese Arbeit aussucht, damit er mit dem Tempo mithalten kann.

Kommen wir nun zum zweiten Punkt: Der Hund überläuft mit zu hoher Geschwindigkeit den Trail.

Ja, es ist richtig, dass dies passieren kann. Viel mehr passiert es aber nicht aufgrund der Geschwindigkeit, sonder aufgrund der fehlenden Konzentration des Hundes auf die Arbeit. Hier wird sehr oft vergessen, dass der Hund sich sein Tempo wiederum selber wählt, je nachdem, was seine Arbeit ist. Wenn der Hund vom Start weg konzentriert sucht, wird auch die Geschwindigkeit deutlich langsamer sein, als wenn er nur hochmotiviert in eine Richtung läuft.

Natürlich kann ich dem Hund konzentrierte Arbeit lernen, nur muss ich mich vom Gedanken lösen, dass ich als Hundeführer weiß, wie das aussieht. Genau hier fangen sehr oft Trainingsfehler an, im Unverständnis in Hinblick auf die Hundearbeit.

Zu Glauben, langsames oder tiefes Suchen bedeutet eine höhere Konzentration ist genauso falsch, wie zu glauben, hohe Geschwindigkeit ist gleich hoher Motivation oder Trieb.  Und genau hier fangen die Probleme an, indem sehr viele versuchen, die Trieblage zu reduzieren, um den Hund eine konzentrierte Arbeit zu ermöglichen.Was wird also vergessen? Eigenlich ist es relativ einfach: Der Erregungszustand des Hundes. Bei sehr vielen Trainings erkennt man, dass der Hund sehr oft in einen hohen Erregungszustand gebracht wird, ohne jedoch den Hund darauf hinzuweisen, was jetzt eigentlich seine Arbeit ist. Das endet oft darin, dass der Hund mit vollem Elan irgendwo in der Gegend herumläuft. Genau hier scheitern also schon sehr viele Teams am Start eines Trails. Es geht also nicht nur um den Erregungszustand, sondern um mehr:

  • Trieb:
    Der Hund braucht für diese Arbeit einen guten Beutetrieb. Dieser ermöglicht ihn erst, eine Spur konzentriert auf längere Distanz zu folgen. Man kann diesen Trieb zwar etwas tunen, aber das hält sich in Grenzen. Trieb ist etwas, was der Hund vom Wesen her hat oder auch nicht.
  • Motivation:
    Die Motivation setzt einen guten Trieb voraus. Der Hund lernt das Spiel und wenn das Training gut aufgebaut ist, wird der Hund eine sehr gute Motivation entwickeln, um die Person zu finden. Hier ist es nicht wichtig, lange oder alte Trails zu laufen, sondern vielmehr kurze schnelle Trails, die dem Hund den Spass am Spiel beibringen. Nun ja, Spass am Spiel ist menschliche Ansicht, eigentlich geht es darum, dass der Hund seinen Trieb ausleben kann, zum Erfolg kommt und dadurch seinen Trieb letztlich befriedigt. Dieses Spiel nennt sich in der Kocher Methode Intensity.
  • Konzentration:
    Jetzt sind wir bei einem weiteren wichtigen Punkt angelangt, die Konzentration. Der Hund sollte sich auf die Arbeit konzentrieren können, um letztlich auch das Ziel zu erreichen. Eine gute Konzentration setzt wieder einen guten Trieb und gute Motivation voraus.  Auch hier ist es letztlich wichtig, dass der Hund lernt, schnell und konzentriert zum Ziel zu kommen. Wer immer wieder längere Trails trainiert wird feststellen, dass die Konzentration schneller nachlässt. Es fehlt einfach dann an der Voraussetzung: Trieb und Motivation. Dann kommen die üblichen Trainingsüberlegungen, sogenannte Motivationstrails zu machen, um den Hund wieder "auf Spur" zu bringen. Die Hundeführer sollten sich aber vielmehr fragen, warum es überhaupt so weit kommt, und warum sie diese Motivationstrails nicht als Grundlage für andere Trails machen. Es liegt eben genau an unserem Denkfehler: Was der Hund schon alles kann muss erweitert werden. Also werden die Trails länger, schwieriger usw. Wo bleibt dann die Motivation und vorallem das Lernen des Hundes der Konzentration? Diese bleibt dann auf der Strecke.
  • Erregungszustand:
    Ja, es macht durchaus Sinn, den Hund in einen hohen Erregungszustand zu versetzen, er freut sich auf die Arbeit, löst seinen Trieb aus, ist motiviert und entsprechend ist sein Erregungszustand vor der Arbeit sehr hoch. Aber auch hier erkennen wir schnell, dass für einen hohen Erregungszustand die vorher genannten Punkte Voraussetzung sind: Trieb, Motivation und Konzentration. Wenn diese Punkte nicht passen, wird der Hund unter Umständen hoch erregt sein, aber nicht wissen, was er jetzt machen soll. Genau hier passiert es dann sehr oft, dass der Hund unerwünschte Handlungen setzt.

Anhand dieser Punkte sollte man sehr schnell erkennen, wo der Fehler in einer Ausbildung liegt. Die Wertigkeit dieser Punkte sollte sich im Gleichklang bewegen, dann erhält man einen Hund mit guter Grundausbildung. Immer wieder erkennt man, dass sehr viele versuchen, Probleme zu umgehen, jedoch nicht diese zu lösen. Die meisten Probleme entstehen, weil obige Punkte nicht im Gleichklang stehen. Es hilft also nicht, einen der Punkte auszulassen oder versuchen, die Wertigkeit zu ändern, man sollte vielmehr die Wertigkeiten erhöhen.

Sehr oft sieht man, dass ein Punkt sehr schnell vergessen wird, das ist eben die Konzentration.

Ein auf die Arbeit konzentrierter Hund wird immer versuchen, den Trail nicht zu verlassen, bzw wenn er herunterfällt, diesen schnell wieder aufzusuchen. Die Behauptung, ein schneller Hund überläuft die Trail sehr oft, kann man also so nicht bestätigen, es liegt nicht an der Geschwindigkeit der Hundes, sondern viel mehr an seiner Konzentration. Wenn ein Hund langsam sucht, aber nicht konzentriert, wird er auch den Trail überlaufen.

Es gibt viele Ansätze, die Konzentration einzufordern, sei es am Start durch Unterordnung, oder durch das Interesse am Hundeführer wecken (Kap 17, TKM), oder durch verbale Ermahnung den Hund zum Arbeiten aufzufordern, jedoch sollte sich jeder bewußt sein, was die Grundvoraussetzung für eine gute Konzentration ist.